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Geltungsbereich einer ATV

Übersicht

In jeder ATV wird in Abschnitt 1 deren Geltungsbereich definiert. Das geschieht durch eine positive Beschreibung der Arbeiten, für die die ATV zuständig ist. Hinzu kommt zur deutlicheren Abgrenzung vielfach eine negative Beschreibung anderer Arbeiten, für die die ATV nicht gilt. Es wird dabei immer die ATV genannt, die dann für diese anderen Arbeiten zu beachten ist. Weil außer dem Abschnitt 0 alle Abschnitte einer ATV Bestandteil eines Bauleistungsvertrags werden, wenn die VOB als Vertragsgrundlage vereinbart wird, sind die Festlegungen der Geltungsbereiche aller ATV bindend. Der Auftraggeber hat keine Möglichkeit, den Geltungsbereich zu ändern.

Andererseits ist es deshalb aber völlig unnötig, in der Leistungsbeschreibung anzugeben, welche ATV zu beachten ist, sofern es sich um Leistungen handelt, die in der VOB/C bereits eindeutig einer ATV zugeordnet sind. Eine solche Angabe wäre eine Wiederholung von Regelungen der ATV, die, wie ich bereits früher in diesem Heft ausgeführt habe, unnötig ist und deshalb vermieden werden sollte. Die geltende ATV sollte jedoch immer dann genannt werden, wenn es sich um eine Leistung handelt, die unterschiedlichen ATV zugeordnet werden kann. Bis zur Ausgabe 2002 der VOB, vor dem Erscheinen des Ergänzungsbands 2005, war es z.B. für Leistungen des Trockenbaus dringend angeraten, in der Leistungsbeschreibung anzugeben, nach welcher ATV die Trockenbauarbeiten ausgeführt und abgerechnet werden sollten. Bis dahin waren Regelungen für Trockenbauarbeiten in den verschiedensten ATV zu finden:

Wenn in diesen Fällen in der Leistungsbeschreibung nicht angegeben wurde, welche ATV für die jeweiligen Leistungen gelten sollten, konnte es z.B. bei der Abrechnung eines Trockenestrichs zum Streit darüber kommen, ab welcher Größe Aussparungen im Boden abzuziehen seien.

 

In der ATV DIN 18350, Ausgabe 2002, wurde in Abschnitt 5.2.1 festgelegt, dass Aussparungen in Böden über 0,5 m² Einzelgröße abzuziehen seien. In der ATV DIN 18353, ebenfalls Ausgabe 2002, wurde dagegen in Abschnitt 5.2.1 festgelegt, dass Aussparungen über 0,1 m² bereits abzuziehen seien. Es ist einleuchtend, dass hier ein Streit über Abzugsflächen vorprogrammiert war, wenn nicht bereits im Vorfeld festgelegt wurde, welche ATV für den Trockenstrich gelten solle. Dieses Problem besteht glücklicherweise seit Erscheinen des Ergänzungsbands 2005 zur VOB 2002 nicht mehr. Mit diesem Ergänzungsband wurde die ATV DIN 18340 "Trockenbauarbeiten" neu aufgenommen. Seitdem fallen Trockenbauweisen, auch Trockenestriche, nur noch unter den Geltungsbereich dieser neuen ATV. Die drei oben genannten ATV sind für Trockenbauarbeiten nicht mehr maßgebend.

Beispiel: Erdarbeiten und Nassbaggerarbeiten

Es gibt aber weiterhin einzelne Leistungen, deren Zuordnung zu einer bestimmten ATV nicht immer eindeutig ist. Ich will dazu ein Beispiel aus dem Bereich des Tief- und Erdbaus geben: In Abschnitt 1.4 der ATV DIN 18300 "Erdarbeiten" wird geregelt, dass diese ATV nicht für Nassbaggerarbeiten gilt. Dafür gilt die ATV DIN 18311 „Nassbaggerarbeiten“. In Abschnitt 1.1 der ATV wird aber festgelegt: "Sie [die ATV DIN 18300] gilt auch für das Lösen von Boden und Fels im Grundwasser und im Uferbereich unter Wasser, wenn diese Arbeiten im Zusammenhang mit dem Lösen von Boden und Fels über Wasser an Land ausgeführt werden." In der ATV DIN 18311 "Nassbaggerarbeiten" wird unter Abschnitt 1.2 angegeben, dass diese ATV nicht für Erdarbeiten gilt. Für diese wird auf die ATV DIN 18300 verwiesen. In Abschnitt 1.1 der ATV wird aber ähnlich wie bei der ATV DIN 18300 Folgendes angegeben: "Sie [die ATV DIN 18311] gilt auch für das Lösen von Boden und Fels über Wasser im Uferbereich, wenn diese Arbeiten im Zusammenhang mit dem Lösen von Boden und Fels unter Wasser ausgeführt werden." Jetzt kann es ja vorkommen, dass ein Auftragnehmer mit Baggerarbeiten sowohl an Land bis in den Uferbereich als auch im Wasser, ebenfalls bis in den Uferbereich, beauftragt wird. Denkbar wäre ein Graben, der unter Wasser beginnt und an Land weitergeführt wird. Wenn beide Baggerarbeiten einen solchen Umfang umfassen, dass sie nicht nur als ergänzende Leistungen der jeweils anderen Baggerarbeiten anzusehen sind, gibt es eine Überschneidung der Geltungsbereiche im Uferbereich. In einem solchen Fall ist es empfehlenswert, die Regelungen der beiden ATV zu ihren Geltungsbereichen dahingehend zu ergänzen, dass eine eindeutige örtliche Abgrenzung vorgegeben wird.